„Wie der Mensch in seiner Vollendung das edelste aller Geschöpfe ist, so ist er, losgerissen von Gesetzt und Recht, das schlimmste von allen.“

Aristoteles

Doch so einfach ist das nicht, zumal in Deutschland gar kein Hammer geschwungen wird, sondern der Richter das Urteil einfach verkündet. Das konnten auch wir, die EP-Philosophiekurse von Herrn Maas und Frau Mark, im Schwurgerichtssaal des Landesgerichts Kleve am eigenen Leib erfahren. Beide Kurse haben im Unterricht die Frage behandelt, inwiefern der Staat das Recht hat, Menschen zu bestrafen.

Zu Anfang waren wir uns alle unsicher, was uns erwarten wird, doch wir wurden schnell aufgeklärt und bekamen eine „Rundführung“ durch den Gerichtsaal von Alexander Lembke, welcher selbst Richter am Landgericht Kleve ist. Vorab hat Herr Lembke uns in den zu verhandelnden Fall eingeführt, den wir an diesem Tage zu sehen bekamen. Dann durften wir auch am eigenen Leib erfahren, wie es ist, auf der Anklagebank oder dem Richterstuhl zu sitzen. Die Erfahrungen waren gemischt, so fühlte man sich als Richter mächtig, doch als Zeuge eher klein, was an der unter anderem an der niedrigeren Sitzposition liegt.

Außerdem erklärte uns der Staatsanwalt, was man zum Beispiel als Staatsanwalt oder Schöffe im Gericht zu tun hat. (Die Staatsanwaltschaft erhebt die Anklage und Schöffen sind ehrenamtliche Richter, die am Ende mit den Richtern das Urteil fällen.)

Man steht auf, wenn der Richter in den Saal kommt

Nach der Begrüßung durch den Richter, für die wir uns alle erheben mussten, wurde die Situation vom Richter nochmals grob zusammengefasst, um uns als Zuschauer/in, aber auch die Verteidiger, den Staatsanwalt, die anderen Richter*innen, die Schöffen und den Angeklagten, über den Verlauf und Fall des Tages aufzuklären. Danach wurde durch den Staatsanwalt die Anklageschrift verlesen.

Dann wurde der Angeklagte selbst befragt. Der Richter fragte ihn Dinge über seine Familie, sein Privatleben und seine Kindheit. Nach und nach kamen dann Zeugen herein. Diese wurden nach dem Sachverhalt befragt und erzählten viel von den eigenen Erfahrungen und Erinnerungen. Viele Aussagen passten nicht wirklich zusammen. Das könnte daran liegen, dass der Falls schon einige Zeit her wahr.

Anschließend gab es eine kurze Pause, wo wir uns die Beine vertreten und etwas essen konnten. Dann ging der Prozess mit Zeugenaussagen weiter und auch ein Sachverständiger kam zu Wort. Am Ende wurde das Urteil verlesen und in diesem Moment wollte man wirklich nicht in der Haut des Angeklagten stecken.

Im anschließenden Unterricht fachsimpelten wir, warum der Richter wohl dieses Urteil verhängt hat und versuchten die Strafrechtstheorien auf den verhandelten Fall anzuwenden. Alles in allem war es ein sehr aufregender und lehrreicher Tag. Es war wirklich spannend, eine Gerichtsverhandlung mal live zu verfolgen und theoretischen Unterrichtsstoff in der Praxis zu erleben.